Weiter geht die Jagd nach dem meistgesuchten Vako auf der Erde. Doch wo und in wem steckt er? Und wer ist sein neues Faktotum? Vor allem aber: Was wird er weiter unternehmen? Schließlich musste er das gesamte Material für seine Forschungen zurücklassen und dass er diese aufgibt, daran glaubt niemand.
Ein Hinweis führt Shenaya Winder und ihre Mitstreiter in eine uralte Ruinenstadt in der norwegischen Fjordlandschaft. Ohne es zu ahnen, bringen sie sich damit in allerhöchste Gefahr, denn diese Stadt birgt ein Geheimnis.
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„Gibt es schon irgendwelche Neuigkeiten?“ Shenaya blickte fragend in die Runde, erntete aber nur allgemeines Kopfschütteln. Die Führungsriege der WPO saß in dem kleinen Konferenzzimmer zusammen, um das weitere Vorgehen zu beratschlagen. Eine Stunde zuvor hatte die Polizei in Königswinter einen verlassenen Wagen gefunden. Weitere Nachforschungen ergaben, dass der Besitzer ein sehr zuverlässiger Mann war, der sich gerade auf der Heimfahrt zu Frau und Kind nach Bonn befunden hatte, dort aber nie angekommen war. Als die Meldung bei ihnen einging, waren sich alle einig, dass dies nur den einen Schluss zuließ: Hinter Ferudins Verschwinden steckte Nourdin!
Donald beantwortete die Frage seiner Gefährtin: „Absolut nichts. Niemand hat ihn gesehen! Bleibt nur zu hoffen, dass Nourdin Ferudin wieder freigibt und dieser genauso glimpflich davonkommt wie Hailey.“
Varin wiegte abwägend den Kopf und sagte dann zweifelnd: „Ich bin mir nicht sicher, ob dein Wunsch in Erfüllung geht. Zwar habe ich keinerlei Erfahrungen damit, aber ich fürchte, je länger die Unterdrückung von Ferudins Ego anhält, desto geringer sind seine Existenzchancen.“
Auf Donalds Stirn bildete sich eine steile Zornesfalte. Wütend stieß er hervor: „Ich hätte Nourdin damals abknallen sollen, als ich das erste Mal klar im Kopf wurde!“
Shenaya legte beruhigend die Hand auf seinen Arm. „Du würdest niemals jemanden einfach so erschießen. Das wissen wir alle sehr genau und niemand macht dir einen Vorwurf. Also fühl dich bitte nicht für diese Vorgänge verantwortlich.“
Donalds Wut auf sich selbst verrauchte genauso schnell, wie sie aufgeflammt war.
Er blickte die Frau an seiner Seite an und sagte: „Du hast ja Recht. Aber wenn das so ist, wie Varin befürchtet, sollten wir dann nicht eine Suchmeldung nach Ferudin herauszugeben?“
Shenaya schüttelte den Kopf. „Es könnte durchaus sein, dass Nourdin sich sofort jemand anderen sucht und Ferudin auslöscht. Es ist ja schon riskant genug, ein so riesiges Polizeiaufgebot loszuschicken, um Ferudin zu suchen. Aber anders geht es nun mal leider nicht. Vielleicht hat Ferudin ja doch eine Überlebenschance. Ich werde mir Nourdins persönliche Aufzeichnungen ansehen, die wir in der Burg sichergestellt haben. Auch wenn ich die wissenschaftlichen Ausführungen nicht verstehe, so geben mir seine Notizen vielleicht endlich mehr Aufschluss über Nourdin selbst, sodass ich ihn besser beurteilen kann. Außerdem möchte ich zu gerne wissen, woher die DNA stammte, mit der er experimentiert hat und aus der letztendlich unser neuer Freund, der Urvako, entstanden ist.“
Varin beugte sich interessiert nach vorne. „Genau daran hatte ich auch schon gedacht. Ich nehme doch mal an, du hast nichts gegen ein bisschen Hilfe einzuwenden?“
„Natürlich nicht!“, erwiderte Shenaya.
„Das ist sicherlich eine gute Idee. Aber jetzt mal was anderes: Was geschieht eigentlich mit unseren Gefangenen? Werden sie in andere Gefängnisse verlegt?“, wechselte Donald das Thema.
„Gute Frage!“, antwortete Leon und rieb sich gedankenverloren das Kinn. „Eigentlich würde ich sie alle gerne hier in Gewahrsam halten, muss das aber noch mit dem Präsidenten besprechen. Ich gehe allerdings davon aus, dass den Wissenschaftlern dieses Mal der Prozess gemacht wird. Und ich hoffe inständig, dass Nourdin es nicht wieder schafft, die vier herauszuholen!“
„Letzteres wird wohl nicht geschehen“, konstatierte Shenaya und setzte erklärend hinzu: „Ich glaube nicht, dass Nourdin zurzeit Interesse daran hat. Er wird jetzt zunächst einmal viel zu sehr mit sich selber beschäftigt sein.“
„Hoffentlich hast du Recht“, bemerkte Donald. „Denn wir haben schließlich keinen blassen Schimmer, wer Nourdins neues Faktotum ist. Ich bin mir ganz sicher, dass er einen neuen Helfer hat. Wer sonst sollte Kator getötet haben? Nourdin hat das garantiert nicht selber besorgt. Hinzu kommt noch, dass Kator zwar nicht gerade der Hellste war, er aber über eine enorme körperliche Kraft verfügte. Dem konnte man nur durch Schläue etwas entgegensetzen, zumal wenn man ihn töten wollte. Ergo wird Nourdins neue rechte Hand ziemlich gerissen sein und wir sollten das nicht unterschätzen!“
„Das sehe ich ganz genauso! Auch wenn fraglich ist, ob Nourdin überhaupt noch Interesse an diesen Wissenschaftlern hat, werde ich die Wachen am Tor durch Telepathen unterstützen lassen“, verkündete Leon und mit den Worten: „Dann wollen wir mal!“ löste er die Besprechung auf.
Shenaya und Varin machten sich umgehend an die Sichtung der Unterlagen, die sie in der Burg beschlagnahmt hatten. Das meiste waren wissenschaftliche Abhandlungen über die Experimente, die Nourdin und seine Gehilfen durchgeführt hatten. So langsam gewann Shenaya ein Bild von Nourdins unglaublicher Brutalität und seinem verbrecherischen Potenzial. Nie zuvor in ihrer beruflichen Laufbahn war ihr so jemand untergekommen! Ab und an machte sie bewusst eine Pause, um das soeben Gelesene erst einmal zu verdauen. Auch Varin war entsetzt von den Methoden, die Nourdin immer wieder anwandte, um ans Ziel seiner Forschungen zu gelangen.
Ein paar Tage später rief der Doktor triumphierend: „Ich hab’s!“ Shenaya unterbrach ihre Lektüre und ging zu ihm hinüber. Aufgeregt wies der Vako auf den Bildschirm und erklärte: „Sieh dir das hier an! In Norwegen liegen tief unter der Erde die Ruinen einer riesigen Stadt und dort ist Nourdin auf die DNA gestoßen. Dass es Vako-DNA war, hat er natürlich erst später in seinem Labor festgestellt.“ Varin stutzte für einen Moment und murmelte dann: „Aber wieso wusste er so genau, dass dies die DNA unserer Vorfahren war?“
Shenaya stieß ihn sanft an und fragte: „Doc, wieso hast du eigentlich bei deiner Untersuchung damals nicht feststellen können, dass du einen eurer Vorfahren obduzierst? Versteh mich bitte nicht falsch, das soll kein Vorwurf sein. Es interessiert mich ganz einfach.“
Varin nickte und erklärte dann: „Keine Sorge, ich bin nicht so empfindlich. Um deine Frage zu beantworten: Die DNA der heutigen und der damaligen Vako unterscheiden sich grundlegend.“
Stirnrunzelnd betrachtete Varin wieder den Text auf dem Bildschirm und las weiter. Shenaya zog sich einen Stuhl heran und wartete. Ihre Geduld wurde zwar auf eine harte Probe gestellt, aber schließlich erklärte Varin: „Das glaube ich ja jetzt nicht. Nourdin fand auf Vako eine alte Grabstätte. Zunächst glaubte er, die dort gefundene DNA stamme von einer anderen Spezies. Im Lauf der Zeit entdeckte er noch weitere Zeugnisse unserer Vergangenheit. Nach und nach rundete sich das Bild ab und Nourdin erkannte eine grundlegende evolutionäre Entwicklung, die sich mit den Vako vollzogen hatte. Kurz bevor er untertauchen musste, machte er noch einige Entdeckungen. Dann wurde unsere Heimatwelt durch die Meteoriten zerstört und mit ihr natürlich alle Fundstücke. Lediglich einige Datensticks mit seinen Forschungsergebnissen konnte Nourdin mitnehmen. Als er die DNA aus Norwegen untersuchte, erkannte er den Zusammenhang mit der, die er Jahre zuvor auf Vako gefunden hatte.“
Varin schwieg und Shenaya dachte über das gerade Gehörte nach. „Wenn ich das richtig verstehe, dann haben die Urvako die Erde irgendwann verlassen und sich auf Vako angesiedelt. Dort durchliefen sie eine Entwicklung, an deren Ende ein völlig anderer Vako stand.“
Varin nickte. „Ja, genauso ist es. Die klimatischen Bedingungen auf Vako waren sehr extrem. Von ganzjährigen Hitzewellen bis zu Minustemperaturen weit unter dem Gefrierpunkt gab es alle Schattierungen, die du dir vorstellen kannst. Vielleicht war das früher anders und wir haben uns dem angepasst. Jedenfalls sind die heutigen Vako völlig unempfindlich gegenüber jedweden klimatischen Bedingungen. Deshalb hatten wir auch keine Probleme, uns nach der Zerstörung unseres Heimatplaneten irgendwo anders anzusiedeln. Es gab wohl schon immer Mutmaßungen, dass Vako nicht unsere Ursprungswelt war. Jedenfalls erzählten mir mein Vater und auch mein Großvater das. Nur beweisen konnten die Anhänger dieser Theorie nie etwas, denn in unseren Archiven fanden sich keinerlei Aufzeichnungen darüber. Deshalb habe ich bisher auch nicht so recht daran glauben wollen. Ich muss gestehen, ich finde es sehr seltsam und befremdlich, dass unsere Chroniken derart unvollständig sind. Nun, wie auch immer. Um auf Nourdin zurückzukommen: Er ist stutzig geworden, als hier auf der Erde plötzlich wieder Telepathen geboren wurden. Deshalb hat er etliche Expeditionen unternommen und nach geraumer Zeit diese Stadt gefunden.“
„Also stammen die Vako ursprünglich von der Erde und benötigen menschliche DNA, um telepathische Fähigkeiten zu entwickeln“, zog Shenaya Resümee.
„Ja, so ist es!“, bestätigte der Arzt. „Wir sollten uns diese Stadt ansehen!“