Topaz ist gezwungen, ihre Heimatwelt Handor überstürzt bei Nacht und Nebel zu verlassen. In den darauffolgenden Jahren reist sie kreuz und quer durch die Galaxie.
Auf Solja begegnet sie schließlich Captain Sanderson und seiner Crew, die mit dem Erdenschiff Pioneer gerade diesen Teil der Galaxie erkunden. Aus der jungen und verängstigten Topaz ist inzwischen eine selbstbewusste Frau geworden, die ihren neuen Freunden in einer Notsituation zur Seite steht. Allerdings leidet Topaz schon bald an Krankheitssymptomen, deren Ursprung in ihrer Vergangenheit liegt. Um die notwendigen Informationen zur Behandlung zu erlangen, kehrt sie zusammen mit der Pioneer-Crew nach Handor zurück.
Dort wandelt sich die friedliche Mission zu einer Jagd nach skrupellosen Verbrechern.
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Leseprobe
Handor im Jahr 340 der neuen Zeitrechnung
Die junge Frau saß immer noch starr vor Schreck zwischen den Bäumen. Was sie da eben ungewollt mit angehört hatte, machte sie fassungslos. Angst schnürte ihr die Kehle zu und machte sie handlungsunfähig. Aber ganz langsam erwachte sie aus der Starre. Sie musste hier weg, und zwar schnell! Topaz sah sich um. Nein, es war niemand mehr da. Rasch stand sie auf und ging nach Hause. Unterwegs zwang sie sich unter Aufbietung aller ihrer Kräfte, rational zu denken. Ihr Inneres war in Aufruhr und immer wieder stiegen Angst und Panik in ihr auf. Aber sie durfte nicht panisch werden. Wichtig war nur, dass sie noch heute Nacht von Handor verschwand. Während sie ihrer Unterkunft zustrebte, dachte sie nach und plötzlich kam ihr der zündende Gedanke: Ioto! Ja, Ioto war gut. Topaz nickte gedankenverloren. Es gab alle zwei Stunden einen Flug zu diesem Mond, da viele Handori in den dortigen Minen arbeiteten, aber hier auf Handor lebten.
Zu Hause angekommen, eilte sie zunächst zu ihrer Computerkonsole und stellte fest, dass der nächste Flug in etwa einer Stunde ging. Da nur noch wenige Plätze frei waren, buchte sie direkt einen für sich. Das war nicht weiter verdächtig, es gab schließlich auch einen botanischen Garten auf Ioto, in dem sie schon des Öfteren gearbeitet hatte. Selbst wenn Loran, was sie doch sehr bezweifelte, heute Nacht auf die Idee kommen sollte, die Passagierlisten durchzusehen, würde es ihm nicht weiter auffallen. Rasch warf sie einige Kleidungsstücke in eine kleine Reisetasche. Auch ihre Bargeld-reserve und die Scheckkarte steckte sie ein. Sich in ihrem Zimmer umsehend, ob sie auch alles eingepackt hatte, durchzuckte sie ein Gedanke. Wenn sie einfach verschwand, würde Loran vermutlich sofort anfangen, nach ihr zu suchen. Sie setzte sich noch einmal an die Computerkonsole und verfasste eine kurze Nachricht an ihn, in der sie ihm mitteilte, dass sie nach Ioto hätte fliegen müssen, aber in ein paar Tagen zurück sei. Dann nahm sie ihre Tasche und machte sich auf den Weg zum Raumhafen. Hier lief alles glatt. Am Terminal holte sie ihr bestelltes Ticket ab und stellte sich in die bereits wartende Schlange zum Einstieg in das Flugshuttle. Es ging zügig voran und bereits nach kurzer Zeit konnte sie auf ihrem Sitz Platz nehmen.
Der Flug dauerte nur eine halbe Stunde. Nach der Landung eilte Topaz zunächst zur Bankfiliale, um ihr Konto aufzulösen. Der Schalterbeamte sah sie zwar etwas befremdlich an, zahlte ihr aber anstandslos ihre Ersparnisse aus. Hastig stopfte Topaz das Geld in ihre Reisetasche und suchte dann die Toilette auf, um es dort in dem kleinen flachen Beutel zu verstauen, den sie unter der Kleidung trug. Nur einen geringen Betrag steckte sie in ihre Gürteltasche, um damit den Weiterflug und sonstige Ausgaben zu bezahlen. Topaz ging zurück in die Schalterhalle. Ein Blick auf die Abflugtafel verriet ihr, dass bereits in zehn Minuten das nächste Schiff nach Wollan ging, das lediglich Zwischenstopps auf Iaka und Togana einlegte. Sie kaufte sich ein Ticket bis zur Endstation und hatte das Glück, noch eine Einzelkabine zu bekommen. Topaz ging an Bord, fragte einen Stewart nach dem Weg zu ihrer Kabine und eilte dorthin. Aufatmend drückte sie die Tür hinter sich ins Schloss. Jetzt fiel die bisher mühsam aufrechterhaltene Selbstbeherrschung von ihr ab. Tränen liefen ihr übers Gesicht und sie ließ sich aufs Bett fallen. Wie hatte sie nur glauben können, dass ein Mann wie Loran sie lieben würde? Wie ein Film lief das Geschehen, dessen Zeuge sie geworden war, wieder vor ihrem geistigen Auge ab.
Auch heute war sie – wie so oft – nach der Arbeit noch in den nahegelegenen Park gegangen. Das Leben auf Handor war nicht immer leicht für sie und so genoss Topaz es, dort hinter dichtem Gebüsch verborgen unter den uralten Bäumen zu liegen, in den Himmel zu schauen und vor sich hinzuträumen. Die Handori blieben nach Anbruch der Dämmerung lieber zu Hause, eine Angewohnheit aus alten Tagen, als Handors Straßen und Plätze noch sehr gefährlich waren. Heute Abend allerdings hörte sie plötzlich undeutliche Stimmen, die immer näher kamen. Sie verhielt sich ganz still, um nicht auf sich aufmerksam zu machen. Die Personen würden sicherlich vorbeigehen und wären gleich verschwunden. Als plötzlich nichts mehr zu hören war, schaute Topaz ganz vorsichtig zwischen den Zweigen hindurch. Allerdings konnte sie nur zwei schemenhafte Gestalten erkennen, die eng umschlungen genau auf den Busch zusteuerten, hinter dem sie sich verbarg. Ganz nah waren die beiden schon, blieben dann allerdings stehen und küssten sich. Als die Gestalten sich voneinander lösten, hatte Topaz endlich Gelegenheit, ihre Gesichter zu sehen. Völlig perplex erkannte sie Loran und Dr. Tulsa!
Tulsa zog Loran wieder an sich und bemerkte: „Ich kann es kaum noch erwarten, bis wir endlich zusammenleben können.“
Loran erklärte ihm: „Hab noch ein wenig Geduld. Die Vorbereitungen für die Hochzeit nehmen halt etwas Zeit in Anspruch. In vier Wochen werde ich diese widerwärtige Kreatur ganz im Stillen heiraten und nach der Hochzeit in ihrem Zimmer einsperren. Dort kann sie dann verrotten. Wie kann dieses Subjekt bloß glauben, jemand könne sie lieben? Aber ich werde natürlich ein treusorgender Ehemann sein und einen Arzt zur ständigen Betreuung meiner ach so kranken Frau ins Haus holen.“ Als er weitersprach, hatte seine Stimme einen zärtlichen Klang. „Und dann können wir endlich zusammenleben, ohne dass es jemand bemerkt, mein Geliebter.“
„Du hast ja Recht. Aber es fällt mir halt sehr schwer, noch so lange zu warten“, gestand Tulsa. Für einen Moment blickte er Loran schweigend an und erklärte dann: „Aber das mit dem Kind solltest du dir noch mal überlegen. Glaubst du wirklich, dass dir das den erhofften Einfluss bringt?“
„Ja, ich bin überzeugt davon, dass mir dieses Kind sehr nützlich sein wird. Wenn seine Mutter nicht mehr in der Öffentlichkeit auftaucht, sieht bestimmt jeder nur noch einen Nachfahren Halens und Dirias in ihm und ich werde mich dann in deren Glanz sonnen und die Karriereleiter hochklettern. Allerdings musst du die Befruchtung bei Topaz durchführen. Es kostet mich schon Überwindung, diese Kreatur auch nur zu umarmen. Wenn ich daran denke, ich sollte mit ihr …“ Loran ließ den letzten Teil des Satzes unausgesprochen, aber es war offensichtlich, was er meinte. Zudem schüttelte er sich und verzog angewidert das Gesicht.
„Also gut!“, gab Tulsa nach und schlug dann vor: „Aber lassen wir das für heute. Es ist bereits dunkel genug. Wollen wir noch zu mir gehen? Wir werden uns ja jetzt eine Zeit lang nicht mehr sehen.“
Topaz konnte das Verlangen nicht nur aus seiner Stimme heraushören, sie nahm es auch körperlich mit ihren telepathischen Fähigkeiten wahr. Die beiden gingen auf den Weg zurück und entfernten sich plaudernd.
Topaz‘ Gedanken kehrten in die Gegenwart zurück, aber so einfach wurde sie die Bilder der vergangenen Geschehnisse nicht los, immer wieder blitzten diese auf. Energisch schob sie die Erinnerung daran schließlich beiseite und beruhigte sich allmählich. Aber damit begannen die Selbstzweifel. Warum um alles in der Welt hatte sie nichts bemerkt, schließlich verfügte sie über telepathische Fähigkeiten? „Weil du gar nichts hättest bemerken können“, beantwortete sie sich ihre Frage selber. Niemand konnte hinter Lorans Fassade blicken, denn genau wie viele andere Handori, die in gehobener Position arbeiteten, hatte auch er ein spezielles Training absolviert, um sich gegen telepathische Kräfte abschotten zu können. Tulsa war Topaz nur ein einziges Mal zufällig auf der Straße begegnet und Loran hatte ihn als seinen Arzt vorgestellt. Warum sie damals nichts von Tulsas Gefühlen bemerkt hatte, vermochte sie nicht sagen. Vielleicht weil es am Anfang ihrer Beziehung zu Loran und sie viel zu sehr mit ihren eigenen Gefühlen beschäftigt gewesen war. Aber was spielte das jetzt noch für eine Rolle? Wenn sie früher etwas bemerkt hätte, was hätte sie dann getan? Loran zur Rede gestellt? Damit hätte sie vermutlich das ihr von ihm zugedachte Schicksal nur beschleunigt.
Während sie über all das nachgegrübelt hatte, erreichten sie Iaka. Durch die leichte Erschütterung beim Andocken wurde Topaz darauf aufmerksam. Angespannt lag sie auf dem Bett und lauschte auf jedes Geräusch außerhalb ihrer Kabine. Der Aufenthalt hier betrug nur eine Stunde, die ihr aber wie eine Ewigkeit vorkam. Endlich vernahm sie das leise Summen der Motoren, als sie wieder abflogen. Ein leises Grummeln ließ sie zusammenfahren und dann bemerkte sie, dass es ihr eigener Magen war. Sie schalt sich selber eine Närrin und sah auf ihren Chronometer. Es war jetzt weit nach Mitternacht und sie hatte seit dem Frühstück gestern Morgen nichts mehr gegessen. Vermutlich gab es hier an Bord ein Restaurant, aber sie wollte sich nicht so lange in der Öffentlichkeit zeigen. Es waren sicherlich sehr viele Handori an Bord, sodass sie Gefahr lief, von jemandem erkannt zu werden. Ihr Blick fiel auf eine Computerkonsole. Topaz aktivierte diese und stellte fest, dass sie richtig vermutet hatte: Es gab eine Übersicht über die öffentlich zugänglichen Bereiche des Schiffes. Auf dem Promenadendeck waren mehrere kleinere Geschäfte verzeichnet, unter ihnen auch zwei Imbissstände. Dorthin würde sie gehen und sich etwas zu Essen besorgen, das sie in der Kabine zu sich nehmen konnte. Sie überlegte kurz. Beim Einstieg hatte sie mehrere Passagiere gesehen, die ihr Haupt verhüllt hatten. Es würde also vermutlich nicht auffallen, wenn auch sie ein Kopftuch trug. Sie nahm einen großen breiten Schal aus ihrer Reisetasche und drapierte ihn um ihren Kopf. Ein Blick in den Spiegel verriet ihr allerdings, dass sie völlig verheult aussah. Also noch mal das Tuch runter und Gesicht waschen, dann schlang sie sich den Schal wieder um und verließ die Kabine.