Die irdischen Schiffe haben die Siedler nach Antakana gebracht. Während sie zur Erde zurückfliegen, wächst an Bord unbemerkt eine neue Bedrohung heran.
Auf Antakana ist inzwischen der Alltag eingekehrt. Menschen und Antakaner sind zu einer Gemeinschaft zusammengewachsen. Doch schon bald ist es vorbei mit dem friedlichen Leben. Es beginnt mit Albträumen, die Aditi wochenlang quälen. Nachforschungen ergeben, dass die Muira eine neue Herrscherin haben und wieder einmal Völker überfallen und unterjochen. Ihre Herrscherin geht dabei mit unerklärlichen Kräften und beispielloser Brutalität vor. Bei einer Besprechung der Führungskräfte auf Antakana steht sie plötzlich im Raum: Kashyra! Aditi muss zu ihrem Entsetzen feststellen, dass sie dieser selbsternannten Herrscherin der Welten nichts entgegenzusetzen hat. Während Informationen gesammelt und Allianzen geschmiedet werden, sucht Aditi nach einem Weg, diese Frau zu stoppen. Wird die Antakanerin einen Weg finden, das absolut Böse zu besiegen?
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Leseprobe
Das Kind
Zwei ihr unbekannte Crewman betraten ihr Gefängnis und packten sie sanft, aber bestimmt an den Oberarmen. „Kommen Sie mit! Wir bringen Sie von hier weg“, erklärte einer der beiden. Bockig stemmte die Ford ihre Beine in den Boden und wehrte sich nach Leibeskräften. Es gelang Melanie tatsächlich, einen ihrer Arme zu befreien. Wild schlug sie mit diesem Arm um sich und verpasste einem der Männer einen ordentlichen Hieb auf die Nase. Der Kerl wischte sich das Blut aus dem Gesicht und fluchte: „Verdammtes Miststück!“ Er bekam ihren Arm wieder zu fassen und umklammerte diesen nun mit unerbittlicher Härte. Auch sein Kollege fasste härter zu. Die Ford musste sich eingestehen, dass sie sich mit dieser Aktion einen Bärendienst erwiesen hatte. Also gab sie ihren Widerstand auf und ließ sich ohne weitere Gegenwehr an Bord des Schiffes bringen.
Innerlich immer noch aufgewühlt, setzte sich Melanie auf die Bettkante und sah sich in dem spärlich eingerichteten Raum um. Dabei rieb sie sich die schmerzenden Oberarme und verfluchte wieder einmal Summer, den sie für das alles verantwortlich machte. Zu ihrer eigenen Sicherheit, wie man behauptete, hatte man ihr nur Bett, Stuhl und Tisch gelassen. Wieder stieg rasende Wut in ihr hoch und sie ballte die Hände zu Fäusten. Minutenlang schlug sie wie von Sinnen auf das Kopfkissen ein. Allmählich aber beruhigte sich die Ford und dann vernahm sie es zum ersten Mal. Ein noch sehr zartes Stimmchen in ihr flüsterte: »Beherrsch dich! Die Zeit der Abrechnung wird kommen!«
Drei Monate später erreichte das Schiff die Erde. Nach der Landung folgte die Ford ohne jede äußere Gefühlsregung den Anweisungen, als man sie in eine psychiatrische Einrichtung verfrachtete. Einmal in der Woche musste sie ein Gespräch mit Dr. Meyers führen, ansonsten ließ man sie in Ruhe. Oft machte Melanie lange Spaziergänge im Park oder saß stundenlang auf einer Bank. Da man heutzutage legere Kleidung bevorzugte, war es nicht schwierig, die leichte Wölbung ihres Leibes verborgen zu halten. Die Ford hatte allerdings nicht vor, das Kind in dieser Einrichtung zur Welt zu bringen. Schon auf dem Schiff hatte sie die Kraft des kleinen Wesens gespürt, welches in ihr heranreifte. Melanies Sinne hatten sich in den letzten Monaten auf sonderbare Weise verändert und geschärft. Aber auch das behielt sie wohlweislich für sich. Eines Tages belauschte die Ford eine leise geführte Unterhaltung zwischen dem Psychodoc – wie sie Meyers insgeheim nannte – und Marcel, einem der Pfleger. Die beiden standen am anderen Ende des Flures und unterhielten sich über Melanies Fortschritte. Nicht im Traum hätten die Männer daran gedacht, dass die Frau sie hören könnte.
„Glauben Sie wirklich, dass die Ford allmählich wieder in die Wirklichkeit zurückkehrt?“, fragte Marcel.
Dr. Meyers nickte. „Ich bin da sehr zuversichtlich. Zumindest macht sie gute Fortschritte.“
„Also ich weiß nicht. Noch vor einigen Monaten hat die gute Frau getobt und sich mit Händen und Füßen gewehrt. Und jetzt plötzlich nimmt sie alles friedlich hin und glaubt sogar, dass ihr Göttergatte ein bösartiger blutrünstiger Tyrann war?“, entgegnete Marcel skeptisch.
Der Doktor erklärte: „Es gibt keinerlei Anzeichen dafür, dass sie uns hinters Licht führt. Warum sollte sie auch? Davon hätte sie ja schließlich nichts. Ich denke, sie realisiert so langsam, wem sie da auf den Leim gegangen ist. Melanie Ford ist ja schließlich nicht dumm, sondern eine brillante Technikerin. Vergessen Sie das bitte nicht!“
Marcel wiegte skeptisch den Kopf hin und her und entgegnete schließlich: „Schon möglich, dass Sie recht haben, Doc. Aber ich werde die Ford trotzdem im Auge behalten.“
Zwei Tage später stürzte der Pfleger beim Äpfel pflücken von der Leiter und brach sich das Genick. Allenthalben glaubte man an einen Unfall. Als Melanie von Marcels Tod erfuhr, tat sie nach außen hin schockiert. Allein in ihrem Zimmer allerdings streichelte sie hochzufrieden ihren Bauch. Sie wusste genau, auf wessen Konto dieser Vorfall ging.
Eines Tages flüsterte die Stimme in ihr: »Es ist soweit!« Wie immer löschte Melanie an jenem Abend gegen zehn das Licht. Anstatt sich aber hinzulegen, drapierte sie die Decke so, als ob jemand im Bett läge. Bei der nächtlichen Kontrollrunde würde das Pflegepersonal annehmen, sie schliefe tief und fest. Die Ford öffnete ihre Zimmertür und sah hinaus. Niemand war zu sehen. Die Schuhe in der Hand lief sie auf Strümpfen den Gang hinunter. Als sie am Aufenthaltsraum des Pflegepersonals ankam, hielt sie inne und spähte vorsichtig hinein. Alle Diensthabenden blickten gebannt auf den Fernseher, über den gerade eine Spielshow flimmerte. Melanie huschte an der Tür vorbei und rannte dann bis zur Eingangshalle. Allerdings versuchte sie erst gar nicht, durch die Tür ins Freie zu gelangen. Diese wurde jeden Abend um Punkt zehn Uhr vom Leiter der Einrichtung höchstpersönlich verschlossen. Stattdessen hastete die Ford durch den rechterhand gelegenen Korridor und gelangte innerhalb kürzester Zeit zur Kellertür. Heute Morgen hatte sie sich hier herunter begeben und eines der Kellerfenster einen Spalt weit geöffnet. Dadurch entging es der Zentralverriegelung, die jeden Abend für alle Fenster aktiviert wurde. Während das Personal beim Mittagessen saß, hatte sich die Ford Zutritt zum Versorgungsraum verschafft. Innerhalb kürzester Zeit manipulierte sie die Anzeige der Zentralverriegelung, sodass diese nicht anzeigte, dass eines der Fenster nicht geschlossen war. Jetzt stieg Melanie mit klopfendem Herzen die Treppe hinunter und stellte zu ihrer Erleichterung fest, dass niemand das offene Fenster bemerkt hatte. Sie schob eine Kiste darunter, stieg darauf und quetschte sich durch die schmale Öffnung. Kurz verschnaufte die Ford, dann zog sie hastig ihre Schuhe an. Sie lief zu einem der Beete und buddelte ein dort verstecktes Messer aus, das sie vor ein paar Tagen beim Küchendienst hatte mitgehen lassen.
Nun kam der schwierigste Teil ihres Plans. Sie konnte das Gelände nur durch die Pforte verlassen, denn die Mauer, die das Grundstück umgab, war viel zu hoch, als dass Melanie sie hätte überwinden können. Der Zugang wurde natürlich Tag und Nacht bewacht. Am Nachmittag war sie beim Spaziergang hier vorbeigeschlendert und hatte die Pförtnerin in ein Gespräch verwickelt. Dabei gelang es der Ford, einen Blick auf den Dienstplan zu werfen. Zufrieden stellte sie fest, dass für die Nacht Herb zum Dienst eingeteilt war. Dieser Security versuchte ständig, mit dummen Anmachsprüchen bei den Insassinnen und weiblichen Pflegekräften der Einrichtung zu landen. Bislang ohne Erfolg, aber heute Nacht sollte er sein blaues Wunder erleben.
Die Ford schlenderte zum Pförtnerhäuschen und klopfte ans Fenster. Herb blickte auf und ließ gleichzeitig das Pornomagazin, in dem er gerade geblättert hatte, unter dem Tisch verschwinden. Melanie lächelte ihn an und knöpfte ihre Bluse auf. Der Kerl glaubte sich am Ziel seiner feuchten Träume, als er feststellte, dass sie keinen BH trug. Ohne die Frau aus den Augen zu lassen, stand der Security auf und öffnete die Tür. Melanie betrat das Pförtnerhäuschen, wobei sie gekonnt mit ihren Brüsten spielte. Ganz dicht trat sie an Herb heran und ließ eine Hand in seinen Schritt gleiten. Im nächsten Moment trat ein erstaunter Ausdruck in seine Augen, gefolgt von blankem Entsetzen. Die Ford hatte nicht lange gefackelt und ihm das Messer in den Bauch gerammt. Stöhnend sackte der Mann zusammen und hielt sich an der Konsole fest. Trotz seiner schweren Verletzung versuchte er, den Alarmknopf zu erreichen. Melanie ergriff den Stuhl, schlug zu und der Security fiel bewusstlos zu Boden. Rasch blickte die Ford sich in dem kleinen Raum um und entdeckte die Aktentasche des Mannes. Neben einigen Broten und der obligatorischen Thermoskanne fand sie darin auch sein Portemonnaie und die Autoschlüssel. Hastig stopfte sie sich die Geldscheine in die Jackentasche, dann betätigte sie den Schalter, um das Tor zu öffnen. Der Parkplatz für Mitarbeiter der Einrichtung lag direkt neben dem Pförtnerhäuschen und es dauerte auch nicht lange, da hatte die Ford den richtigen Wagen gefunden. Sie schwang sich hinters Steuer und fuhr davon.
Erst als die Wachablösung am nächsten Morgen das offene Tor und den schwerverletzten Security fand, fiel bei der sofort anberaumten Kontrolle der Insassen auf, dass die Ford verschwunden war.
Melanie saß zu diesem Zeitpunkt bereits in einem halb verfallenen alten Bauernhaus außerhalb der Stadt und schaute verächtlich lächelnd auf den Fernseher, in dem gerade Dr. Meyers zu sehen war, der eine Erklärung abgab. Die Stimme in ihrem Inneren hatte sie zu diesem Unterschlupf dirigiert. In den Armen wiegte die Ford das Kind, das sie gerade ohne Schwierigkeiten geboren hatte. Die Ereignisse der letzten Stunden forderten allerdings ihren Tribut und sie schlief alsbald ein. Stunden später erwachte Melanie davon, dass jemand sie am Ärmel zupfte. Neben dem Sessel stand das Mädchen und quengelte: „Wach auf, Mutter!“ Lächelnd erhob sich Melanie und richtete ein Essen her mit den Lebensmitteln, die sie gestern Nacht in einem Supermarkt besorgt hatte, der rund um die Uhr geöffnet war. Nach einem üppigen Mahl schaute sich Melanie in ihrem neuen Zuhause um. Dabei entdeckte sie erstaunliche Dinge. Neben einem wohlgefüllten Vorratslager gab es einige sehr wertvolle Gegenstände, für die man sicherlich eine Menge Geld bekam. In der angrenzenden Scheune stand ein kleiner Sternengleiter. Nach kurzer Inspektion stellte die Ford fest, dass dieser generalüberholt und flugtauglich war. Das Mädchen folgte seiner Mutter bei ihrem Rundgang zunächst schweigend. Schließlich erklärte die Kleine: „Dies alles ist Vaters Hinterlassenschaft.“ Melanie schaute ihre Tochter erstaunt an, doch dann begriff sie. Meany musste all das zusammengerafft und hier versteckt haben. Ihm gehörten wohl auch Haus und Grundstück und somit jetzt ihr und ihrer Tochter. Die Ford richtete zwei Schlafräume her. Mit den gefundenen Vorräten würden sie eine geraume Zeit auskommen, sodass es ihr erspart blieb, sich so schnell in der Öffentlichkeit blicken zu lassen. Innerhalb weniger Tage wurde aus dem kleinen Mädchen eine bildhübsche junge Frau.
Als Melanie sich am Abend des achten Tages zu Bett begab, trat ihre Tochter neben sie und erklärte: „Es tut mir leid Mutter. Wir müssen jetzt Abschied nehmen.“ Noch ehe die Ford etwas sagen konnte, begann ihr Herz zu rasen und sie bekam keine Luft mehr. Röchelnd fasste sie sich an den Hals. Ihr Todeskampf dauerte nur wenige Sekunden. Kalt lächelnd blickte die junge Frau auf ihre tote Mutter hinab. Dann drehte sie sich um und begann, Wertgegenstände und Vorräte zusammenzuraffen. Sie packte alles in Kisten und brachte diese an Bord des Raumgleiters. Zwei Stunden später verscharrte sie die Leiche ihrer Mutter in dem kleinen Garten hinterm Haus. Die Bewohner der umliegenden Häuser schliefen tief und fest, sodass sie den Start des Raumgleiters nicht bemerkten. Am nächsten Morgen lag das Anwesen still und halbverfallen da wie immer. Nichts ließ erkennen, dass das alte Bauernhaus kurzzeitig die beiden Frauen beherbergt hatte.